Anruf bei… Mario Forberg von der Chemiefabrik Dresden
Die Corona-Krise trifft Veranstalter, Künstler und Gastronomen besonders hart. Auf augusto-sachsen.de beantworten sie Fragen zu den Auswirkungen, die die derzeitige Lage auf ihren Beruf und ihren Alltag hat. Am Dienstag, 31. März 2020: Mario Forberg, Mitverantwortlicher in der Dresdner Konzert-Location Chemiefabrik.
Wie geht es Ihnen angesichts des absoluten Veranstaltungsverbots?
Ganz ehrlich? WORST CASE… Wir haben zusammen mit anderen Klubs und
Veranstaltern – noch bevor die Bestimmung von der Regierung kam – aus
unserer Verantwortung heraus die Klubs geschlossen und somit alle
Veranstaltungen abgesagt. Des Weiteren habe ich ja noch meine Firma StP
Catering Crew, die speziell für Künstler unterwegs ist. Oder besser:
unterwegs war. Es ist wie in ein Loch zu fallen, von dem keiner weiß wie
tief es ist. Handlungsunfähig zu sein, große Existenzängste zu haben,
das ist schon eine besonders harte Situation. Alles, was mit eigenen
Händen, Kreativität und Mut aufgebaut wurde gerät jetzt ins Wanken. Es
ist je bekanntlich so schon oft schwer, in dieser Branche zu bestehen,
geschweige denn, Rücklagen zu bilden. Gedanken und Verantwortung um
meine 3 Kinder und meine Frau spielen auch eine erhebliche Rolle. Die
spürbare Solidarität lässt auf jeden Fall hoffen.
Was werden Sie heute tun?
Wir als Familie sitzen eh seit 11 Tagen fest in unseren Räumen zu
Hause. Daher versuchen wir, einen geregelten Tagesablauf mit den Kinder
zu gestalten und ja: es funktioniert vor allem ohne TV. Andi, Stefan und
ich haben ja dennoch täglich im Homeoffice genug zu tun, um die
Chemiefabrik auch durch diese Zeiten zu steuern und vor allem um bereit
zu sein für den Tag X. Also wenn die erste Band wieder auf der Bühne
steht.
Und was hätten Sie heute normalerweise getan?
Die Nachbearbeitung des gestrigen Caterings für KUMMER im
Schlachthof, wenn es stattgefunden hätte. Treffen mit den Kollegen in
der Chemiefabrik zur Auswertung des letzten Wochenendes und Planung der
Shows für die kommende Woche. Ach ja, und Vorbereitung des Caterings für
2 Raumwohnung in Leipzig. Wow… hätte ich viel zu tun…
Gibt es schon einen Plan, wie Sie die unerwartete freie Zeit nutzen?
Immer und immer wieder Anträge stellen, informieren und viel
telefonieren um Wege zu finden, wie diese Zeit finanziell zu überstehen
ist. Und die beiden Schiffe Chemiefabrik und StP Catering Crew im
Trockendock am Leben zu halten. Da bleibt leider nicht mehr viel Raum,
um sich andere Gedanken über seine freie Zeit zu machen. Einen Teil der
Zeit wird natürlich genutzt, um mit der Familie schöne Stunden zu
verbringen.
Lässt sich der zu befürchtende finanzielle Verlust irgendwie ausgleichen?
Dies wird nur funktionieren mit den eventuell greifenden Hilfen
seitens des Staates/Landes/Stadt und der Solidarität aller. Durch unsere
Arbeit, die wir schon immer mit Herzblut betreiben, ermöglichen
wir langjährigen Gästen, die auch oft zu Freunden und einer großen
Community werden Kultur. Wir sind Knotenpunkt für viele junge, kreative
Menschen, Musiker aus anderen Ländern, NGOs, Benefizveranstaltungen. Wir
brauchen unsere Gäste genauso wie sie uns.
Was macht Ihnen Hoffnung?
Dass die politisch Verantwortlichen doch so schnell reagiert haben
was die finanziellen Hilfen und auch die Maßnahmen zur Verlangsamung der
Verbreitung des Virus angeht. Die Solidarität der meisten Menschen. Die
Zukunftsplanung mit vielen Agenturen und Bands, an der wir gerade
arbeiten. Meine Familie und meine Freunde. Das Lachen meiner Kinder.
Können Sie schon generelle Lehren aus dieser Erfahrung ziehen?
Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dass die Menschen
zusammenhalten und begreifen, wie wertvoll diese Welt ist. Dass wir
andere Menschen unterstützen, über Grenzen hinaus. Dass wir aufhören,
uns an Kriegen zu beteiligen, Menschen ertrinken zu lassen, dass wir
nicht mehr hinnehmen, dass Menschen verhungern. Also es gibt so viel zu
tun was Sinn macht… also packen WIR es an!
Gespräch: Frank Treue